Light_Act_Project 2014

Dynamische Farblichträume, kristalline Leuchtkörper und elektronische Zeichencodefelder Katalog (PDF)

Mit der Einführung der Straßenbeleuchtung im 18. Jahrhundert wurde die nächtliche Stadt zur Bühne und Kulisse für eine neue Art von Stadterfahrung. Erleuchtete Boulevards, Vergnügungsparks und eine neue Festkultur mit Illuminationen entstanden. Heute, einhundertfünfzig Jahre später, verändert sich das Straßenbild durch Architektur-Projektionen, LED Bildschirme und Lichtfassaden. Im Rahmen des Light_Act_Projects der Hochschule für bildende Künste Saarbrücken haben sich Lehrende und Studierende mit dem Trend des Architektur-Mappings und seinen ästhetischen Fragestellungen auseinander gesetzt. Über drei Semester lang hatten Designer_innen und Künstler_innen das Zusammenspiel von vorgefunden Räumen und projizierten Bildern untersucht und als Ergebnis präsentierten sie eine Vielfalt von Optionen, wie sich architektonische Oberflächen und Strukturen mit Zeichnung, Malerei, Fotografie, Film und digitaler Animation bearbeiten lassen.

Der für das Light_Act _Project ausgewählte Ort war die Einkaufsmeile „Berliner Promenade“. Entlang der Saar, auf der Rückseite der Saarbrücker Bahnhofsstraße, erstreckt sie sich über 600 Meter. Helle Gebäudeoberflächen und lange Fensterbänder charakterisieren die Geschäftshäuser, davor eine moderne Uferpromenade mit Sitzgelegenheiten und Aussichtspunkten. Die Kubaturen entlang der Promenade bildeten eine Matrix, die die Verschiedenartigkeit der künstlerischen Ansatzpunkte sichtbar machte. Dabei wurde der Stadtraum zum Gegenstand der künstlerischen Auseinandersetzung.

Den Ort zu identifizieren, seine licht-relevanten Eigenschaften zu verstehen, lichttechnische Möglichkeiten zu erkunden und digitale Bildbearbeitung und -steuerung zu lernen waren Teil des Lehr- und Lern-Prozesses, das stadträumliche Ensemble zu erschließen. Sie bilden das Grid, das Pinsel und Leinwand ersetzte. Der Transfer in ihre je eigene künstlerische Praxis waren hoch individualisierte Prozesse, die sich auch in der Verschiedenartigkeit der Ergebnisse von Marion Cziba, Henrik Elburn, Jill Els, Martin Fell, Daniel Hausig, Rosita Hofmann, Octavian Mariutiu, Francois Schwamborn, Michael Voigt, Ralf Weber und Ingo Wendt spiegeln. Das dynamische Gefüge von Bild, Licht und Stadtansicht zu gestalten war eine Herausforderung für Lehrende und Studierende gleichermaßen. Ausgangsmaterialien waren analoge Zeichnung und Malerei, fotografisches und filmisches Material, Bildgebungs- und Steuerungsprogramme ebenso wie algorithmische Systeme.

Das Light_Act_Project der Hochschule für bildende Künste Saar war sehenswerter Beitrag zur Perzeption der Stadt. In beispielhafter Weise gelang es, zeitgenössische ästhetische Reflexion im Öffentlichen zu artikulieren und in die urbane Performance einzugreifen. Tausende von Besucher_innen haben die Erfahrung geteilt. Wenn das Verständnis für einen Raum, einen Ort oder einer Stadt im Wechselspiel von Assoziation, Affektion, Kognition und Imagination entsteht, so entstand mit dem Light_Act_Project eine neue Sensibilität für das Erscheinungsbild eines der signifikanten Saarbrücker Fassadenensembles, die sich sowohl als sinnliche wie auch als soziale Erfahrung in das kollektive Gedächtnis der Stadt eingeschrieben hat.